Plakatintervention von Anne Glassner und Vasilena Gankovska im Rahmen von Kunstland Nord Notgalerie
Wien Seestadt, September 2019

Im Sommer 2019 wurden Anne Glassner und Vasilena Gankovska eingeladen, eine künstlerische Intervention im Rahmen des Projekts „Kunstland Nord Notgalerie“ vom Künstler Reinhold Zisser zu gestalten. Beide Künstlerinnen beschäftigen sich auf unterschiedliche Art und Weise mit dem urbanen Raum, sowohl als architektonisches und soziales Konstrukt, als auch über direkte, körperliche Wahrnehmung.
Anne Glassner reagiert mit ihrem liegenden, schlafenden Körper auf Orte. Ihre Interventionen im öffentlichen Raum beschäftigen sich mit Identität, den Grenzen zwischen Privatem und Öffentlichem, Ab- und Anwesenheit des menschlichen Körpers oder Fragen der Realität und Fiktion.
Vasilena Gankovska führt seit dem Frühjahr 2019 eine visuelle Recherche in der Seestadt durch. Dabei fotografiert sie Gebäude, Zwischenräume, Grünflächen, um danach die wesentlichen Details und Elemente dieser architektonischen Strukturen künstlerisch zu verarbeiten. Parallel dazu interessiert sie sich dafür, wie die Umgebung tägliche Transformationen erlebt und wie sich das Wechselspiel zwischen Kunst und öffentlichem Raum an der Stadtperipherie ereignet.
„Kunstland Nord“ fand als Projekt in der Umgebung der Notgalerie in Seestadt Aspern statt. Die künstlerischen Beiträge umfassten nicht nur Arbeiten direkt in der Notgalerie, sondern befassten sich mit der Umgebung rund um die Galerie, zwischen der U-Bahn-Station Aspern Nord und Seestadt. Glassner und Gankovska haben eine der zahlreichen Holzwände bespielt, die zwischen den verschiedenen Baustellen als Markierung und Witterungsschutz dienen und zurzeit den Charakter dieses Stadtteils prägen.
Thematisch sollte der Fokus auf die Umgebung und deren künstlerischen Interpretation gelegt werden. Die Entscheidung für die technische Umsetzung fiel auf großformatige Plakate, als Referenz einerseits zu den Werbe-Billboards, andererseits zu Ansätzen, bekannt aus der Urban Art Szene, nämlich dem manischen, nicht-reglementieren, großformatigen Plakatieren im städtischen Raum. Das Vorhaben trug im Endeffekt eine Mischung aus beiden, denn für die Durchführung wurde eine Genehmigung eingeholt, wenig überraschend für eine Wand, die bereits ‚bespielt‘ wurde. Dadurch kam noch eine weitere Ebene ins Spiel, nämlich die bereits vorhandenen Graffiti, die teilweise überdeckt, teilweise ausradiert werden mussten. Die Posterstrecke bestand aus fünf Motiven, darunter zwei digitalen Collagen, zwei fotografischen, dokumentarischen Arbeiten und einem „Portraitfoto“ von der Notgalerie.
Für die digitalen Collagen verwendete Gankovska als Ausgangsmaterial Aufnahmen von verschiedenen Fassadeelementen, welche in der Seestadt zu sehen sind.
Anne Glassner dokumentierte eine ihrer Schlaf-Performances, welche sie direkt vor der Notgalerie und der U-Bahn-Station Wien Aspern Nord auf der neugelegten Straße durchführte. Dabei setzt sie sich situativ mit den räumlichen Gegebenheiten auseinander und bricht die Grenzen zwischen Privatem und Öffentlichem durch.
Beim Bild von der Notgalerie handelt es sich um eine „Portraitaufnahme“ des Ortes, ein Symbolfoto, welches nicht nur für die Notgalerie, sondern auch für das gesamte Areal steht. Das Foto wurde von Reinhold Zisser, Initiator des Projekts Kunstland Nord Notgalerie gemacht.
(c) Anne Glassner und Vasilena Gankovska
Die Bildstrecke wurde von der Umgebung der Seestadt Aspern inspiriert und lenkt die Aufmerksamkeit der Passant_innen auf Details, Handlungen und Bilder, welche einerseits den Alltag der Seestadt prägen, andererseits als Momentaufnahmen einer sich ständig veränderten und entwickelten Gegend, gelten. So betrachtet, hat die Plakatintervention eine quasi dokumentarische Rolle übernommen – sie bildet einen Zeitausschnitt von der Geschichte einer den jüngsten Wiener Stadtbezirken ab, um selbst, durch den temporären Charakter, zu einer visuellen Geschichte zu werden.

Künstlerinnen: Anne Glassner, Vasilena Gankovska
Support: Alexander Allroggen, Xaver Gschnitzer, Martin Wimmer
Initiiert von Reinhold Zisser, Kunstland Nord Notgalerie
Zeitraum: September 2019
Unterstützt durch: Wien 3420 aspern Development AG
Die Plakatbeiträge von Anne Glassner sind unter diesem Link abrufbar:
http://www.anneglassner.at/intervention-kunstland-nord/
Informationen zu Kunstland Nord Notgalerie
www.koer.or.at/projekte/notgalerie-kunstland-nord/
www.reinholdzisser.com/NWN/
Ps. Im Mai 2020 kehrte Vasilena Gankovska zurück zum Ort des Geschehens und dokumentierte erneut die Wand in ihrem aktuellen Zustand. Die Witterung und die Zeit haben fast alle Plakate entfernt, um wiederum einen Platz für die ursprünglichen Graffiti und Botschaften zu machen. „Humanity“ und „Elite“ erscheinen wieder dort, wo in den kommenden Jahren neue Wohnanlagen entstehen werden.
(c) Vasilena Gankovska